Entspannte Ostertage

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Wir wollen die Ostertage ruhig angehen lassen, daher fahren wir nur halbe Etappen, so dass wir schon am frühen Nachmittag unser Nachtlager aufschlagen können. Am Ostersonntag durchqueren wir bei herrlichem Sonnenschein ein antikes Gebiet auf einer scheinbar nie befahrenen Schotterstrecke. Es fühlt sich so an als hätten Weg, Landschaft und Natur an dieser Stelle bereits vor tausend Jahren exakt so ausgesehen, wie wir es nun vorfinden.

Zurück in der Zivilisation zeigt sich wie die Griechen Ostern zelebrieren: Überall riecht es nach Gegrilltem, die Familien sitzen draußen in der Sonne auf Plastikstühlen, johlen und tanzen zu lautstarker, griechischer Musik. Wir dagegen belohnen uns für die Strapazen der letzten Wochen mit einem Osteressen beim Griechen.

Einsam und verlassen an einem traumhaften Platz am Strand

Auf der Straße treffen wir die griechischen Rennradler Santos und seinen Freund. Sie sind sehr interessiert und auf meine Frage, ob denn hier öfter Fahrradreisende vorbei kommen, sagt Santos: “Ja, gerade erst letzte Woche haben wir Massimiliano aus Italien getroffen. Er fährt rund um die Welt und hat auf dem Gepäckträger so ein kleines Gerät, das schickt immer seine aktuelle Position ins Internet. Habt ihr auch sowas?”. Nein, haben wir leider nicht. Aber eine interessante Idee ist das ja schon.

Zwei griechische Rennradler

Da wir in Osteuropa die Länder ähnlich oft gewechselt haben wie unsere Unterhosen blieb mir nicht viel Zeit mich über Land, Leute und Sprache zu informieren. Für die Türkei ist das nun anders, hier werden wir fast drei Wochen sein, lange genug, um die Kultur etwas näher kennen zu lernen. Mit ein paar Grundvokabeln im Gepäck merkt man direkt wie die Menschen sich freuen, wenn man sich bemüht.

An der türkischen Grenze posieren zahlreiche bewaffnete Soldaten, die uns aber allesamt freundlich zunicken.
Der ganze Tag ist geprägt von heftigem Gegenwind, stark befahrenen Straßen mit vielen LKW und noch viel mehr Reisebussen mit schlafenden Menschen darin. Es ist bewölkt und duster, alles wirkt etwas trist. Ich merke wie die eigene Stimmung und Motivation mit dem Wetter schwanken.
Trotzdem fahren wir durch schöne Landschaften, die die Menschen in den Bussen mit verdunkelten Scheiben leider alle verpassen. Wo kommen die überhaupt alle her und wo wollen sie hin? Zwei Busse einer Universitätsexkursion entdecken wir: einer für Frauen und einer für Männer. Geschlechtertrennung habe ich eigentlich erst im Iran erwartet.

Blick über ein kleines türkisches Dorf auf das Ägäische Meer

Unser Tagesziel ist Gelibolu, eine Hafenstadt. Die letzten Rückenwindkilometer bis dahin sind begleitet von einem Ausblick, bei dem sich auf der einen Seite das Ägäische Meer, auf der anderen das Marmarameer zeigt. Eine Absteige direkt am Hafen ist unser Obdach für die Nacht. Direkt um uns tummeln sich Restaurants, Imbisse, Bäcker und Süßspeisenläden. Es ist ein Genuss nach einem anstrengenden Tag ohne schlechtes Gewissen schlemmen zu können so viel man möchte.

Retten einer Schildkröte vor dem Verkehr

Am nächsten Morgen setzen wir per Fähre auf den asiatischen Kontinent nach Lapseki über. Schier unaufhörlicher Ostwind, wiederholt schlechte Straßen und steile Anstiege machen uns das Leben schwer. Am Abend erreichen wir das baufällige Hotel von Osman in Yenice. Es ist ursprünglich hier. Ein Holzofen erhitzt Wasser, das in eine kleine Schale läuft. Per Topf kann man sich das Wasser über den Kopf schütten. Mir gefällt es und erinnert mich ein wenig an ein Hammam und ich hoffe, dass wir auch nochmal in den Genuss eines solchen kommen werden.

Wir landen in einem kleinen Dönerladen. Nihad, der Besitzer, spricht ein wenig Englisch.

Ich habe seit acht Jahren kein Englisch mehr gesprochen. Ich war mit 20 Jahren in Afghanistan, da haben wir mit allen Englisch gesprochen: Mit den Amerikanern und mit den Deutschen.
Was habt ihr in Afghanistan gemacht? Wart ihr in Kabul?
Wir waren für die Sicherheit in Kabul zuständig. Die anderen haben gekämpft, auch Deutschland.
Und wie fandest du es? Hast du dich sicher gefühlt?
Ich hatte Angst. Es ist gut, dass wir da waren, aber wir wurden gezwungen. In anderen Ländern werden die Leute gefragt, aber wir mussten einfach nach Afghanistan. Die türkische Regierung ist nicht gut.

Wir trinken Tee mit Nihad (“Tee ist immer kostenlos. Wir möchten dass die Leute kommen und Tee trinken.”) und er erzählt uns über die Menschen im Dorf und führt uns etwas herum.

Die Türken sind sehr herzlich und ich freue mich sehr einige Zeit in diesem Land zu verbringen. Allerdings bekomme ich bald wohl eher Muskelkater im Arm anstatt in den Beinen ob der ganzen Winkerei, denn fast jedes Auto und jeder LKW hupt und grüßt uns freudig.


3 Kommentare zu diesem Artikel

  1. So viele Unterhosen wie ihr da die Länder gewechselt habt, haste doch gar nicht dabei…oder war das Wechseln mit wenden und drehen gezählt :D

    Schöner Bericht mal wieder und endlich seid ihr ja mal in den Genuss eines Gespräches mit Einheimischen gekommen.
    Lasst es euch gut gehen und ich hoffe, dass ihr dann ein schöneres Hammam findet, als dieses wundervoll saubere Bad auf dem Photo. :)

  2. Also auf dem ersten Bild, ganz links am Rand, da fehlt mir was! Mindestens ein Valentin der den Felsen besteigt!!1 Keine Kraft mehr in den Beinen oder was? :P
    Wieder ein toller Bericht!

  3. Nice. Ehrlich. Bin froh, eure Seite gefunden zu haben. Werde mir im Winter *da ich selbst auf Tour bin, kann ich mir gerade nicht die notwendige Zeit nehmen* / doch im Winter.

    Da lese ich mich durch. Schoenes Layout, klasse Bilder und gute Schreibe.

    Aus Griechenland
    Alexandros

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