Mzungu, Mzunguuu!

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    Endlich Afrika! Knapp eine Woche ist nun vergangen. Eine Woche voller wunderbarer Erlebnisse und bunter Eindrücke aus zwei faszinierenden Ländern: Kenia und Tansania. Erst jetzt bin ich so weit angekommen, dass ich es schaffe meine Gedanken zu verschriftlichen.
    So viele Bilder hatte ich vor der Reise im Kopf. Eine bunte Mischung: Nicht nur die Vorfreude darauf Tiere in freier Natur zu erleben, atemberaubende Landschaften zu sehen, nein zu erfahren, im wahrsten Sinne, denn mit dem Fahrrad sehen wir das alles aus einer anderen Perspektive, auch die Begegnungen mit Menschen sind anders und intensiver, vor allem im Vergleich zu denjenigen, die eine komplett organisierte Rundum-Sorglos-Tour gebucht haben.
    Mit unserem Tandem stehen wir hier immer im Mittelpunkt. Es ist einfach unmöglich, unbemerkt voranzukommen. Selbst dort, wo vermeintlich niemand zuhause ist, ertönt von weit weit her der aufgeregte Schrei der Kinder, die es schaffen uns immer zuerst zu entdecken. Aus Leibeskräften schreien sie ¨Mzungu¨, was so viel wie Reisender bedeutet und eigentlich nur für weiße Touristen verwendet wird. Damit werden dann auch die letzten Dorfbewohner auf uns und unser ungewöhnliches Gefährt aufmerksam und an manchen Tagen habe ich nicht nur Schmerzen vom langen Sitzen im Sattel, sondern auch Muskelkater vom vielen Lächeln.
    Es ist so spannend ganz in Ruhe ein fremdes Land kennenzulernen: Menschen zu treffen, die ganz anders leben, als wir, sich über Unbekanntes zu wundern, gute und schlechte Gerüche, neue Geschmäcker erleben, einfach das komplette Eintauchen in eine andere Welt. Fünf Wochen Natur und Freiheit genießen, den Alltag und die Arbeit ausblenden, auch wenn das noch nicht ganz gelingt, und sich ganz auf das Abendteuer einlassen. Es ist vor jeder Reise wieder faszinierend, wie viel man vorher über ein Land lesen kann, die Vorbereitung kann noch so gut sein, doch dann ist man plötzlich in der Realität angekommen und alles ist doch wieder ganz anders. Noch verstärkt wird der Effekt, wenn man nicht von zuhause aus losfährt, sondern innerhalb weniger Stunden auf einen anderen Kontinent fliegt. Am Anfang ist alles ganz fremd, doch langsam merke ich, ganz schleichend, wie zunächst unaussprechliche erscheinende Wörter einen vertrauteren Klang bekommen, je öfter man sie hört, wie sich Ortsnamen auf der Karte einordnen lassen, Grußformeln erwidert werden können und ich mich hier sicher und willkommen fühle. Ein nicht unwesentlicher Punkt, den man von zuhause aus auch nicht wirklich einschätzen kann. Wir fühlen uns bisher wirklich rundum wohl, es ist kein Problem, dass wir hier die Exoten sind und sich alle schief lachen, wenn sie uns zu zweit auf nur einem Fahrrad sehen. Teilweise müssen die uns überholenden Mopedfaher so lachen, dass sie am Straßenrand anhalten müssen und uns noch einmal passieren lassen, um dann erneut in Gelächter und wildes Winken auszubrechen. Wenn wir anhalten, um Wasser zu kaufen oder etwas am Rad zu richten, wird jeder Handgriff gespannt von vielen Augen verfolgt. Während in Kenia fast jeder Englisch konnte, wird die Kommunikation in Tansania zumindest in abgelegenen Dörfern schon schwieriger. Meist gibt es jedoch einen aus der Gruppe, der zumindest ein paar Wörter Englisch oder auch Deutsch spricht. Ist das nicht der Fall, kommt es mitunter zu kuriosen Gesprächen, in dem jeweils die Muttersprache angeregt gesprochen wird und wir nur vermuten können, was uns gerade berichtet wird. Also erzählen wir auf deutsch, was wir so treiben und freudig wird in suaheli geantwortet. Es wird Zeit, dass wir ein wenig besser die Landessprache lernen. Mal sehen, ob die Verständigung dann in vier Wochen besser klappt.
    Verhungert sind wir bisher jedenfalls trotz mangelnder Sprachkenntnisse nicht, auch wenn dies ganz eindeutig kein vegetarierfreundliches Land ist. Wichtig ist hier vor allem das Kochen bzw. Frittieren mit mächtig viel Fett und vielen Kohlenhydraten. Während ich in Deutschland um jeden Löffel Öl zum Anbraten feilsche, kann ich hier nur tatenlos zusehen, wie für das Nationalgericht, genannt ‘Chipsi Mayai’, bereits frittierte, etwas matschige Pommes, die über Stunden in einer Art Vitrine an der Straße vor sich hin weichen, mit einer großen Portion Fett erneut angebraten werden. Auf diese abenteuerliche Mischung wird dann noch ein verquirltes Ei gegeben und das Geschmackserlebnis der besonderen Art ist garantiert. Zwar rede ich mir ein, dass mir diese hochenergetische Mischung für noch kommende Kilometer gut tun wird, doch meist wirft mich der Verzehr so aus der Bahn, dass ich viel lieber einen Mittagsschlaf machen würde, als weiter zu radeln. Auch Valentin muss zugeben, dass die Chipsis einem ganz schön im Magen liegen, und so sind wir immer froh, wenn wir an einem Markt vorbeikommen, um unseren Gemüsebedarf wieder zu decken.



    Chipsi mayai

    Chipsi mayai



    Baobab

    Baobab

    Wir fahren durch faszinierende Landschaften, die sich so oft abwechseln, dass es beim Radeln niemals langweilig wird. Während am Anfang voller Spannung und Kribbeln im Bauch der Horizont nach Tieren abgesucht wurde, sind Zebraherden und andere aus dem Zoo bekannte Tiere, die wir passieren, mittlerweile eher normal für uns geworden. Ohne einen Cent für eine geführte Safari auszugeben, entdecken wir Kamele, von denen ich gar nicht wusste, dass sie hier zu finden sein könnten, wilde Giraffen, Springböcke, Antilopen, einen Strauß, tolle Vögel mit leuchtenden Gefiedern.

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