Um den Kilimanjaro

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Nach der erholsamen Zeit auf der Simba Farm werden wir wieder ausgespuckt, um uns auf der staubigen Schotterpiste rund um Afrikas höchsten Berg weiter durchrütteln zu lassen. Die Kilimanjaro-Umrundung ist deswegen so interessant, weil sich die Landschaft kontinuierlich verändert. Im Westen und Norden dominiert ein gigantischer Weitblick. An klaren Tagen lässt sich bis zum 350 km entfernten Ngorongoro-Krater blicken. Der Mount Meru, der nur geringfügig kleiner als der Kilimanjaro ist, scheint zum greifen nahe, obwohl er eine Autostunde entfernt liegt. Die exponierte Lage und die Regenzeiten, die dem Boden neues Leben einhauchen, führen zu üppiger Vegetation. Daher sind die entlegenen Bergdörfer, die wir passieren, auch atmosphärisch so reizvoll. Zwar würde jede westliche Definition die Zustände als Armut bezeichnen, aber die Kinder genießen Schulbildung und beschäftigen sich glücklich mit improvisiert-selbstgebautem Spielzeug. Wasser vom Kilimanjaro, Gemüse und Früchte sowie Viehherden gibt es reichlich. Es ist bemerkenswert und schön diese Glückseligkeit in den Augen der Menschen zu sehen, die ohne jeden Materialismus möglich zu sein scheint.

Im Norden des Kilimanjaro fahren wir am Fuße des Berges entlang und übernachten auf 2000m Höhe. Am nächsten Tag geht es im Regenwaldpanorama bergab bis zum Lake Chala, einem toll gelegenen See, durch den die kenianisch-tansanische Grenze verläuft. Wir wollen hier zelten, aber typisch afrikanische Regulatorien machen uns einen Strich durch die Rechnung. Der Inhaber des hübschen Anwesens teilt unser Leid. Denn neuerdings müssen Besucher des Sees zusätzlich zur Unterkunft noch eine hohe Abgabe an den Staat zahlen (ein Viertel eines ortsüblichen Monatseinkommens). Dadurch kann der Inhaber preislich nicht mehr mit der Konkurrenz mithalten und die modernen Hütten stehen immer öfter leer. Auch wir räumen wieder das Feld und schlagen ein paar Kilometer weiter bei einer Familie mit kleinem Laden und Bauernhof unser Nachtlager auf. Aber warum fangen hier Hühner eigentlich schon morgens um zwei an zu krähen und Löcher neben dem Zelt auszuheben?
Die Bäuerin am Morgen beäugt dann noch kritisch unser Frühstück: Deutsches Pumpernickel mit Erdnussbutter und Banane. Aber sie sagt selbstbewusst: “let me try!”. Und tatsächlich, es scheint ihr zu schmecken!

Wildzelten mit Kilimanjaro-Blick

Wildzelten mit Kilimanjaro-Blick

Wir lassen den Kilimanjaro hinter uns und wollen schnell zum nächsten großen Highlight unserer Reise gelangen: dem Usambara-Gebirge. Dafür lassen wir uns zwei Mal von Truckern für ein kleines Trinkgeld kurze Strecken mitnehmen. Sobald man ein Fahrzeug erspäht hat, das in die richtige Richtung fährt und genug Stauraum für ein Tandem hat, funktioniert das erstaunlich einfach. Und die Perspektive der erhöhten Fahrerkabine ist auch wirklich nicht schlecht. Zusätzlich fahren wir auch noch 130 km an diesem Tag und wollen uns mit einem Ruhetag am Fluss belohnen. Leider ist uns das Glück nicht hold: Der Campingplatz, der im Internet einen tollen Eindruck macht, wurde in neue Hände übergeben und ein junger Einheimischer kümmert sich nun darum. Die Folgn sind: bis zum Rand zugeschissene Toilletten, kein Strom, kein fließendes Wasser. Zum Duschen bekommen wir zwei Eimer mit braunem Flusswasser und eine Schöpfkelle. Bemüht ist der Inhaber um uns trotz alledem sehr. Er kocht uns ein gutes Abendessen auf dem Feuer, das wir im Schein einer Petroleumlampe hastig genießen, um der Mückenplage möglichst schnell zu entgehen und ins Zelt zu flüchten. Dann ruft er uns noch hinterher, dass wir im Dunkeln aufpassen sollen, wo wir hintreten. Schlangen gäbe es hier reichlich. Und vor drei Wochen wurde ein Krokodil gesichtet. Gut, dass wir das Zelt so nah am Ufer aufgebaut haben…
Aber alles geht gut. Die quakenden Frösche, die Grillen und allerlei anderes Ungetier wiegen uns in den Schlaf.

Der nächste Tag beginnt mit Regen. Die kleine Regenzeit kündigt sich an und ist eigentlich ein paar Wochen zu früh dran. Im Nieselregen flicken wir unseren ersten Platten und folgen dann einer einsamen Piste, die in die Berge führt. Die Dörfer hier sind so abgelegen, dass wir über 40 km kein Auto sehen. In einem Dorf ist eine Kette über die Straße gespannt – ein gutes Zeichen dafür, dass hier nicht viel Verkehr ist. Schließlich sind wir am Fuß der Berge angekommen. Von hier aus geht es eine Piste hoch, die nur für Geländewagen freigegeben ist. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, da mit dem Fahrrad hochzukommen, wohlwissend, dass es unfahrbar, voller Geröll und eine ziemliche Plackerei sein wird. Anfangs führt die Strecke durch sandige Abschnitte, die wir knapp noch fahren können. Dann beginnen steile Serpentinen, große Steine, Spurrinnen, Sand, Hitze. Wir müssen absteigen und dann beginnt das Schieben. Dreieinhalb Stunden steil bergauf. Mein T-Shirt ist komplett nass vom Schweiß, ich keuche wie eine Dampflok, während Sarah mir Bananen füttert. Wir müssen da heute hoch, eine Unterkunft mit Dusche, Essen und Bier wartet auf uns. Ein Tag Pause, ein Ziel das wir uns verdient haben. Nach Stunden des Schiebens erreichen wir wieder Zivilisation. 1200 Höhenmeter haben wir gut gemacht. Der Ausblick ist atemberaubend. Während wir von hinten den steilen Kamm hinaufgekrochen kommen, bietet sich steil abfallend zu beiden Seiten des Gipfels ein phänomenaler Weitblick. Der Grat ist eng mit kleinen Häuschen bebaut und in Zusammenhang mit unserer totalen Erschöpfung und der Bergidylle macht sich ein unglaublich tolles Gefühl des Geschaffthabens breit.

Offroadstrecke von Langoni nach Mtae

Offroadstrecke von Langoni nach Mtae

Usambara-Berge

Usambara-Berge

Mambo View Point EcoLodge im Morgengrauen

Mambo View Point EcoLodge im Morgengrauen



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