Von Hirschen und Tempeln

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Nach den turbulenten Tagen in der wuseligen Großstadt führt uns unsere Reise nun weiter in die Stadt Nara, die im Jahr 710 die erste permanente Hauptstadt Japans war.
Hier soll es verteilt über die weitläufige Tempelanlage rund 1200 handzahme Sika-Hirsche geben, für mich als Bambi-Fan ein besonderes Highlight auf unserer Tour.
Doch zunächst müssen wir die an der Stadtgrenze von Osaka beginnende Hügelkette überwinden. Die im Vorfeld für die Routenplanung zu Rate gezogenen Japan-Experten des Radreiseforums urteilten einstimmig: “Mit der Steigung auf dieser Strecke haben sogar manche Autos Probleme, für Fahrradfahrer ist diese Route nicht fahrbar”. Das Urteil von Valentin fällt erst einmal optimistischer aus: “Schaun wir mal”. Das Wetter verändert sich hier mehrfach am Tag rapide. Noch im leichten Nieselregen und mit Jacke gestartet, schwitzen wir nun in der einsetzenden Mittagshitze. Die Wolkendecke ist aufgeklart und eine feuchtwarme Luft umgibt uns. Nach wenigen Metern bleibt uns tatsächlich nichts anderes übrig, als zu schieben. Während es für mich eher eine steile, aber verkraftbare Wanderung durch saftig grüne Walder wird, hat Valentin die nächsten drei Stunden ganz schön mit dem vollbeladenen Tandem und der Steigung von 16% zu kämpfen.
Auch der höchste Berg hat irgendwann einen Gipfel. Erschöpft rollen wir bis in die Stadt. Da wir unsere Privatunterkunft erst am Nachmittag beziehen können, entschließen wir uns den Besuch der Tempelanlage vorzuziehen.
Im schön angelegten Park von Nara machen wir Bekanntschaft mit den ersten Tieren, die durch die vielen Besucher mittlerweile tatsächlich zahm geworden sind und sich mit etwas Glück auch gerne hinter den Ohren kraulen lassen. Auf einer Parkbank legen wir eine Mittagspause mit den zuvor im Supermarkt eingekauften Fertiggerichten ein, die hier gar nicht so schlecht sind. Die Kassiererin wärmt die Nudel- oder Reisgerichte an der Kasse direkt in der Mikrowelle auf und legt auch noch ein Päckchen Essstäbchen dazu, sodass man hier auch ohne Campingkocher nicht verhungern muss. Während mein Fokus darauf gerichtet ist, etwas ohne Fleich zu finden, freut sich Valentin über die genauen Kalorienangaben auf der Packung und sucht sich einfach immer das Reichhaltigste. Obst und vor allem Trauben scheinen hier zu den Luxusartikeln zu gehören.
Eine kleine Schale kostet um die zehn Euro.

Von Osaka nach Nara

Von Osaka nach Nara

Eine Schulklasse interviewt uns. Die Fragen zu verstehen, ist gar nicht so einfach, was nur teilweise an der englischen Aussprache liegt. "What is your favourite word?" Da müssen wir erst einmal überlegen.

Eine Schulklasse interviewt uns. Die Fragen zu verstehen, ist gar nicht so einfach, was nur teilweise an der englischen Aussprache liegt. “What is your favourite word?” Da müssen wir erst einmal überlegen.

Ordnung im Wald muss sein!

Ordnung im Wald muss sein!

Hirsche wollen auch einkaufen.

Hirsche wollen auch einkaufen.

Im größten Holzbau der Welt erwartet uns eine weitere Sehenswürdigkeit der Superlative: Der sogenannte “Great Buddha” wurde aus 437 Tonnen Bronze und 130 Kilogramm Gold gefertigt und ist zweifellos beeindruckend.
Genau so ratlos, wie ein Japaner im Petersdom so manche Zeremonie
beäugen würde, stehen wir neben einer Gruppe Japaner, die in einer akkuraten Schange anstehen, um dann nacheinander durch ein extrem schmales Loch in einem Baumstamm zu schlüpfen. Wird sicher Glück bringen da hindurch zu passen, doch wir sind aufgrund unserer Größe eher skeptisch und schauen nur zu.

In Japan fühlen wir uns so sicher, dass wir mit Ausnahme der Wertsachen all unser Gepäck am Rad lassen, während wir die Bereiche besichtigen, in denen das Tandem leider draußen bleiben muss. Einfach irgendwo abstellen, ist hier streng verboten. Das Rad muss auf dem speziell markierten Fahrradparkplatz abgestellt werden. Hier gibt es für alles eine Regel und mehrere Leute, die dafür sorgen, dass diese korrekt umgesetzt werden.
Das Tandem ermöglicht uns nahezu das gesamte Areal mit insgesamt acht Weltkulturerbestätten an einem Tag zu erkunden.
Am nächsten Morgen starten wir früh, um die Tempel noch einmal vor den in Reisebussen eintreffenden Touristenmassen zu sehen. Wir haben Glück und ein paar schöne Bilder mit den Hirschen können wir auch noch machen.


3 Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wir haben wieder gespannt Euren interessanten Beitrag gelesen und freuen uns schon auf Fortsetzung.
    Weiterhin eine erlebnisreiche Tour. Bleibt gesund!

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