Keine Pannen ohne Reise?

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Nur kurz nach dem letzten Bericht, wo ich noch die Problemlosigkeit unserer bisherigen Reise hervorhob, passieren gleich mehrere Dinge auf einmal.

Aber der Reihe nach: An einem heißen Tag, der zum ersten Mal deutlich macht, dass wir bereits in der Türkei sind, fahren wir durch Kappadokien, einem Gebiet in Zentralanatolien. Die Landschaft ist gespickt mit eindrucksvollen Gebilden, die von der ehemaligen vulkanischen Aktivität herrühren. Links und rechts der von uns befahrenen Seidenstraße zweigen Wege zu unterirdischen Städten ab, von denen vermutet wird, dass sie bereits in der Bronzezeit von Menschen bewohnt wurden.

Nach einer Übernachtung in Kayseri, einer Millionenstadt, erklimmen wir gerade die erste Bergkette am Fuße der Stadt, als Thomas einen Platten am Vorderreifen hat, nach 4000 km der Erste. Der Schlauch ist schnell geflickt und der verursachende Glassplitter entfernt.
Nur einen Kilometer später höre ich ein lautes Krachen hinter mir und sehe Thomas’ kreidebleiches Gesicht. Das Schaltauge ist gebrochen, dadurch hat sich das Schaltwerk im noch drehenden Hinterrad verfangen und die Kette mitgerissen. Das Ausmaß des Schadens: Schaltwerk hinüber (verbogen, teilweise gebrochen), einige Kettenglieder verbogen, Speiche angebrochen.
Wir rollen mit entfernter Kette und Schaltung wieder nach Kayseri hinab und ich klappere auf der Suche nach einem neuen Schaltwerk einige Fahrradläden ab und werde auch fündig. Leider gibt es hier nur Komponenten niedriger Qualität (Shimano Sora). Von allen wird mir versichert, dass sich hochwertige Komponenten nur in Istanbul, Ankara oder Konya bekommen lassen. So entschließt sich Thomas am kommenden Tag mit dem Bus zu einem Fahrradladen in Konya (300km, 5 Stunden) zu fahren, die offensichtlich passende Teile vorrätig haben.

Während ich nach einem Stadtbesichtigungstag jetzt zahlreiche Moscheen in Kayseri von innen kenne, im Hotelzimmer sitze und auf Thomas’ Rückkehr mit dem neuen Schaltwerk warte, blicke ich aus dem Fenster auf die schneebedeckte und in Nebel gehüllte Kuppe des dritthöchsten Berges der Türkei (Erciyes, 3916m) und hoffe dass wir bereits morgen wieder im Sattel sitzen können. Es kribbelt bereits in den Beinen, aber ich muss gestehen, dass eine Zwangspause so schlecht gar nicht ist. Gewöhnungsbedürftig allerdings schon, denn das zu Ruhe kommen ist nach Tagen mit so vielen Eindrücken wie eine Vollbremsung. Ich frage mich wie schwer erst die Resozialisierung in Deutschland wird, die Wiedereingewöhnung in einen gewöhnlichen Alltag.

Bisher waren wir unserem Zeitplan ein wenig voraus, müssen nun aber nach den zwei Ruhetagen einen Zahn zulegen, um pünktlich am 14. Mai in den Iran einzureisen, damit unsere Visa nicht verfallen.


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