Bohol

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Noch vor einer Woche habe ich im Internet diese bizarren Hügel angeschaut, jetzt stehe ich selbst auf einem und genieße die Aussicht, während ich versuche meine normale Gesichtsfarbe zurückzugewinnen. Die Touristen, die in Bussen an uns vorbeifahren, feuern uns an, doch bei solch steilen Anstiegen gebe ich bei 40 Grad dann doch auf und schiebe. Es ist einfach unglaublich heiß. Noch nie im Leben (außer vielleicht in der Sauna – mit dem Unterschied, dass man da nur 15 Minuten drin bleibt) hab ich zuvor so geschwitzt!
Die anderen Reisenden, die wir kennenlernen, sind bequem per Bus oder Motorrad unterwegs und nehmen sich dennoch weniger vor an ein einem Tag.
Nachdem wir die Chocolate Hills hinter uns lassen, treffen wir kaum noch auf Touristen, der Verkehr wird immer weniger, oft haben wir die frisch asphaltierten, breiten Straßen nur für uns und die abwechslungsreiche Landschaft lässt keine Langweile aufkommen. Alle fünf Minuten kommen wir an einem einfach zusammengezimmerten Kiosk vorbei, das Lustige daran ist, dass all diese Stände genau gleich aussehen und auch die Produktpalette nicht sehr variiert: Zur Auswahl stehen Kaugummis, Chips, Pepsi, Schnaps und Kekse; frisches Obst wird leider nur selten angeboten, dafür können wir jedoch stets unsere Wasservorräte auffüllen. Aus einigen Häusern dröhnt laute Musik, dazu hören wir schiefen Gesang – es ist Karaoke-Zeit!
Auffallend sind auch die vielen Kirchen. Mich würde wirklich einmal die Kirchendichte mancher Orte im Vergleich zur Einwohnerzahl interessieren. Die Menschen sitzen darin oft dicht gedrängt und bei offenen Türen bis auf die Straße, der Traum eines jeden deutschen Pfarrers!

Wir haben mehr PS!

Wir haben mehr PS!

Sonnenuntergang im Dschungel

Sonnenuntergang im Dschungel

Gerade rechtzeitig zur einsetzenden Dämmerung erreichen wir unsere Unterkunft. Da wir nur die ungefähre Lage im GPS markiert haben, brauchen wir eine ganze Weile, bis wir endlich im „Paradise Hills“ ankommen. Zunächst klingeln wir die Besitzer eines ganz anderen Hauses aus dem Bett, die uns nur verwundert ansehen, als wir sagen, dass wir gerne bei Ihnen schlafen möchten. Ob Ihnen diese Verwechslung aufgrund der großen Aufschrift des Hotelnamens an der Hauswand wohl öfter passiert? Jedenfalls müssen wir noch ein kleines Stück weiter bergauf fahren, bis wir dann am eigentlichen Hotel ankommen. Dort stehen wir erneut vor verschlossenen Türen. Alles ist dunkel, es gibt keine Klingel, dafür aber einen wachsamen Hund. Wir leuchten mit den Taschenlampen herein, rufen, es tut sich nichts. Dank der freundlichen Hilfe eines Nachbars, der den laut bellenden Hund beruhigt und die Besitzerin aus dem Bett holt, müssen wir aber nicht vor der Tür schlafen.
Die ganze Situation ist wirklich so merkwürdig, dass ich sie kaum beschreiben kann: Wir stellen unsere Räder im riesigen Garten ab, nehmen die Taschen vom Gepäckträger und trotten verschwitzt und erschöpft einem Jungen hinterher, der uns in den großen Speisesaal mit Panoramascheibe führt. Das ganze Hotel sieht viel zu groß für diese verlassene Gegend aus. Außer uns gibt es keinen einzigen Gast im Hotel. Wir versichern uns noch einmal, dass das Hotel auch geöffnet ist, worauf uns die Besitzerin erklärt, dass noch gestern alles ausgebucht war. Ob morgen die großen Buffetbehälter für uns gefüllt werden? Draußen beginnen derweil mehrere Personen hektisch herumzulaufen, das Schwimmbecken wird über Nacht gefüllt. Obwohl wir noch nicht zu Abend gegessen haben, verzichten wir darauf, der Chefin noch mehr Arbeit zu machen. Wir bekommen das beste Zimmer. Am meisten freue ich mich nach so einem Tag auf die Dusche, die hier immer kalt ist, was mich zum ersten Mal nicht wirklich stört.
Als wir am nächsten Morgen die Lobby betreten, bietet uns die Chefin ein reichhaltiges, aber fleischlastiges Frühstück an. Dass ich jedoch kein Fleisch esse und deshalb nur dankend ablehne, wirft sie völlig aus der Bahn. Sie schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und schreit: „Oh my Goodness!“.

Paradise Hills

Paradise Hills

Während der letzte Tag noch einstimmig mit 9 von 10 möglichen Punkten bewertet wurde, sollte der kommende von mir nur eine 4 erhalten. Der Grund dafür: Die mühsame Durchquerung des Landesinneren, über eine Bergkette hinab in die Stadt Jagna, bis zu weißen Sandstränden in Anda am anderen Ende der Insel.
Zugegeben, die lange Abfahrt war angenehm, denn der lauwarme Fahrtwind verschaffte wenigstens ein bisschen Abkühlung, doch der Anstieg war wirklich sehr sehr hart für mich.
Gestern hatte ich es nur mit moderaten Steigungen zu tun, heute jedoch ist die Steigung so steil, dass ich alle 100 Meter eine Verschnauf- und Trinkpause einlegen muss.
Meinen Armen tut die permanente Sonneneinstrahlung auch nicht sehr gut, trotz 50er Sonnencreme habe ich mich ziemlich verbrannt. Heute bin ich wirklich an meine Grenze gekommen. Oft muss ich absteigen und schieben, doch auch das Schieben ist bei diesen Temperaturen keine Erholung. Wir kommen nur so langsam voran, ich kämpfe permanent gegen meinen inneren Schweinehund, doch aufgeben kommt nicht in Frage! In meinem Kopf sage ich mir zum Tretrhythmus passende Sätze auf: „Ich – steig’ – nicht – ab, ich – steig’ – nicht – ab.“
Immer noch ein kleines Stück weiter, wieder motivieren, in ganz schlimmen Fällen den Ipod rausholen und Kraft aus den Lieblingsliedern schöpfen. Ich hangle mich von Kurve zu Kurve, Valentin behauptet seit 300 Höhenmetern, dass es gleich nur noch bergab gehen kann, denn wir wollen ja schließlich ans Meer, doch nach jeder Ecke geht es noch steiler als zuvor die Berge hinauf. Irgendwann erreichen wir den Wendepunkt.

Irgendwann geht es immer bergab!

Irgendwann geht es immer bergab!

Endlich geht es zur Abwechslung auch mal nach unten

Endlich geht es zur Abwechslung auch mal nach unten

Nach 790 Metern ist die Tortur überstanden und es geht tatsächlich nur noch bergab. Nachdem wir 20 Kilometer den Berg hinabgerollt sind, fahren wir weitere 35 Km an der Küste entlang, bis wir endlich Anda erreichen. Hier hoffen wir genau die Strände zu finden, die man sich als Fototapete an die Wand hängen würde: Türkisfarbenes Wasser, weißer Sandstrand und Palmen.
Von der Küstenstraße müssen wir zu den einzelnen Resorts an den Strand fahren. Da es dazwischen keine Verbindung gibt, geht es also noch einige Male hoch zurück zur Hauptstraße und weiter bis zur nächsten Abzweigung, die zu einem Strandresort führt. Am Ende des Tages landen wir in einem schönen sauberen Zimmer, innerhalb einer hübsch gestalteten Anlage, direkt am Meer. Die Aussicht ist einfach traumhaft schön und ich habe mir einen Ruhetag verdient, wenn auch nur dank Sonnenbrand unter dem Schirm im Schatten. Schwimmen kann man hier auch sehr gut, denn das Wasser ist glasklar und mit gefühlten 30 Grad Wassertemperatur habe ich ausnahmsweise einmal keine Schwierigkeiten, schnell im Wasser zu sein.

Endlich am Ziel

Endlich am Ziel

Blick vom Balkon

Blick vom Balkon

In unserem Resort...

In unserem Resort…

White Beach in Anda

White Beach in Anda

Dass das Hotel von einem Deutschen geführt wird, und sich hier vorwiegend auch Deutsche Urlauber zusammenfinden, haben wir vorher nicht gewusst. Normalerweise versuchen wir im Urlaub diese Ansammlungen zu meiden. An diesem Abend essen wir im Hotelrestaurant und zahlen den bisher höchsten Preis für die bisher kleinste Portion. Wir amüsieren uns über Tipps, die am Nebentisch ausgetauscht werden, wie man am schnellsten und unkompliziertesten eine Philippinin heiraten kann. Schon am kommenden Abend fahren wir auf eigene Faust in die Stadt und essen mit den Einheimischen gemeinsam auf einem Marktplatz bei verschiedenen Verkaufsständen. Die nette Frau am Stand öffnet alle Topfdeckel für uns und wir finden sogar drei Gerichte ohne Fleisch, die auch sehr gut schmecken; insgesamt sieben Portionen, dazu Reis und frische Mangoshakes. Gesamtpreis: 2 Euro!


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