Wir reisen am späten Nachmittag nach Rumänien ein und wollen eigentlich zelten, aber in der Ebene gibt es keine Bäume oder Hügel hinter denen man sich verstecken könnte. Daher radeln wir nach Arad, um dort einen angeblich vorhandenen Campingplatz aufzusuchen. Dieser ist aber offensichtlich nicht da oder war es noch nie. Kurz darauf entdecken wir ein Dreisternehotel, das hier in Osteuropa mit 20 Euro für das Doppelzimmer auch recht erschwinglich ist. Die Besitzerin mit sehr rudimentären Englisch-Kenntnissen erklärt uns zuerst, dass sie die Heizung voll aufgedreht hat, wir uns aber, wenn es zu warm wird, doch einfach die Klimaanlage anschalten sollen. Und als sie den nächsten Satz anfangen will, bekommt sie wohl Wortfindungsstörungen und sagt: „I … fuck“. Sichtlich verwirrt und ob ihrer Aussage selbst peinlich berührt verlässt sie das Zimmer.
Wir überlegen allerdings, ob wir neben eingeschalteter Heizung und Klimaanlage nicht auch noch das Fenster öffnen sollen, um die rumänische Auffassung einer positiven Energiebilanz weiter zu optimieren.
Unser erster kompletter Tag in Rumänien ist toll. Wir stehen zeitig auf und werden mit strahlender Sonne begrüßt. Der starke LKW-Verkehr zwingt uns dazu von der kürzesten Route abzuweichen, aber das bringt uns über abgelegene Straßen durch kleine Dörfchen, die mit ihren ärmlichen Verhältnissen sogar mehr Charme ausstrahlen als so manch industriell geprägte Großstadt in der Gegend. Ganz sympathisch ist zum Beispiel, dass fast jedes Haus eine kleine Bank vor der Tür hat, wo sich die vorwiegend ältere Generation gerne stundenlang in die Sonne setzt und das mehr oder weniger vorhandene Treiben auf der Straße beobachtet. Neben uns als große Attraktion gibt es nämlich eher wenig Aktivität. Nicht mal viele Autos fahren hier. Höchstens sind es die Tiere, die ein solches Dorf, das meist nur aus einer Reihe Häuser links und rechts der Hauptstraße besteht, zum Leben erwecken. Man kommt sich fast vor wie in einem Streichelzoo: Truthähne, Enten, Hühner, Pferde, Schweine, Katzen und natürlich Hunde laufen frei herum und teilweise muss man aufpassen, dass einem nichts unter die Räder kommt.
Felix meint, dass er sich hier in Rumänien zum ersten mal auf der Reise „richtig weit weg von zuhause“ fühlt. Und mir geht es ähnlich, denn es fängt jetzt erst an, dass wir mit unseren Fahrrädern kurios beäugt werden. Und auch erst jetzt sieht man Arbeitspferde auf den Äckern und Männer, die auf der Ladefläche von Pickups mitfahren. Langsam aber sicher nähern wir uns der Welt, die wir auf unserer Reise versuchen wollen besser kennen zu lernen.
Der nächste Tag beginnt mit gemischten Gefühlen, denn wir nehmen uns vor die stark befahrene Schnellstraße durch die Karpaten zu vermeiden und stattdessen eine frisch asphaltierte Straße zu nehmen, die uns allerdings direkt über die Gipfel führen wird. Der höchste Pass liegt auf knapp 1700 Metern und wir rechnen schon damit auf ein wenig Schnee zu treffen. Die Entscheidung für diesen höhenmäßigen Umweg war goldrichtig. Verschlafene Dörfchen entlang des die Straße begleitenden Flusses sind interessant anzusehen und uns passiert höchstens ein Auto alle halbe Stunde. Der zu zahlende Preis sind 70 Kilometer stetige Bergauffahrt. Und erst einige Kilometer vor dem Gipfel wissen wir auch warum wir hier die Einzigen sind: Der Pass ist eigentlich nur in den Sommermonaten geöffnet. Einige Schneeverwehungen auf der Straße mausern sich schließlich zu einer geschlossenen Schneedecke, die selbst mit Felix’ breiten Reifen nicht mehr fahrbar ist. Wir müssen also absteigen und schieben: Die drei Kilometer bergauf werden zu einer Qual: Die Räder sinken tief ein und wir kommen nur schleppend voran. Nach dem Gipfel schlittern wir langsam bergab bis schließlich die Straße komplett schneefrei wird. Einige Kilometer später trauen wir unseren Augen kaum: Ein Skilift mit Après-Ski-Musik aus einem alten BMW kommt in unser Sicht- und Hörfeld. Wir sind tatsächlich mit dem Rad in ein Skigebiet gefahren und umso verwunderlicher – über eine gesperrte Passstraße.
Der Tag war trotz der Strapazen grandios und durch die gebirgige Landschaft auch unglaublich abwechslungsreich und bereichernd. Nach diesem wirklich anstrengenden Tag, den wir von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nahezu komplett mit körperlicher Arbeit gefüllt haben, belohnen wir uns am Abend mit einem Hotel und einem ganzen Tisch voller Speisen, die die emsigen Kellner minütlich neu servieren.
Richtig gut
Hallo Ihr Zwei,
jetzt seid Ihr schon quer durch halb Europa in weniger als 2 Wochen geradelt. Ich denke, dafür habt Ihr Euch auf jeden Fall mal ein freies Wochenende verdient! Ich weiß ja nicht was Ihr vorhabt, vielleicht ein Ski-Wochenende? – ich werde morgen bei wunderschönem Frühlingswetter eine KLEINE Radtour machen.
Viele Grüße, Ulrich
Ein bisschen Snowboarden Valentin? Und in den Emiraten dann Sandboarding!!
Respekt was ihr schon alles geschafft habt!
korrekt mit dem müll !!!! genau so soll es sein. ich weiß, man könnte denken, dass ist deutsch. aber eigentlich sollte das normal sein, überall auf der welt.
gute weiterfahrt… warte noch auf brille, dann kann ich auch endlich los. dank dir valentin, habe ich mich auch für “nur” zwei taschen hinten und lenkertasche entschieden… da du ja nichts davon schreibst, dass es nicht auch nur im minimal-style geht…
peace and out
der rad, kajak, bus, tramp gypsi alexandros
Wunderbarer Eintrag mal wieder.
ICh hoffe ihr bekommt nun auch wieder ein bisschen Sonne zu Gesicht und lasst den Schnee hinter euch.
Hallo ihr zwei Abenteurer,
wir haben heute von Vera die Blog-Adresse bekommen und mit großem Interesse eure bisherige Reise nachverfolgt. Unglaublich, was ihr schon alles an Schönem, aber auch an Strapazen erlebt habt. Wir wünschen euch weiterhin alles, alles Gute für eure Reise und freuen uns schon darauf, eure weiteren Einträge zu lesen.
Speziellen Gruß an dich, Felix!
Haha! Genial!