Camiguin – die Insel der freundlichen Menschen

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Wo könnten wir uns wohler fühlen, als auf dieser saftig grünen Insel mit den freundlichsten Bewohnern, die uns bisher begegnet sind. Oft kommen wir mit dem Grüßen gar nicht hinterher, wenn wir auf der gut asphaltierten Küstenstraße kleine Dörfer durchfahren, ertönt von allen Seiten der Ausruf „Hey friends!“.

Da zum Osterfest viele Filipinos auf Reisen sind, müssen wir jede Nacht umziehen, da meist zufällig nur für eine Nacht ein Zimmer frei ist. Wir frühstücken auf der Terrasse unseres Hotels und überlegen, wo wir die kommenden Nacht verbringen werden. Zum Frühstück gibt es einen Mango-Pfannkuchen, der so dick ist, wie eine Pizza Calzone und gefühlte 15 Eier enthält. Mit dieser Energie muss mir das Radeln ja heute ganz einfach fallen! Dazu gibt es einen „Kaffee“, der hier aus drei Tütchen besteht, Nescafé, der möglicherweise homöopathische Spuren von Koffein enthält, eines mit Milchpulver-Schaum und ein Päckchen Zucker, was zusammengerührt dann Kaffee ergeben soll. Ich frage mich wie eine ganze Nation so begeistert jeden Morgen dieses Pulver zu sich nehmen kann und freue mich auf einen richtig guten Espresso zuhause. Daran werde ich mich auch in drei Wochen nicht gewöhnen können.

Vitaminschub

Vitaminschub

Als wir abermals unsere Sachen zusammenpacken und nicht so recht wissen, wo wir bleiben können, ruft die Hotelbesitzerin bei der Nachbarin an, wo wir kurzerhand einquartiert werden – eine Selbstverständlichkeit, denn obwohl wir nicht vorreserviert haben, tut es ihr ausgesprochen leid, dass sie uns nun kein freies Zimmer mehr anbieten kann. Das Angebot, bei ihrer Mutter zu schlafen, lehnen wir dankend ab, doch die zweite Option ist ein wahrer Glückstreffer. Die überaus nette Dame, deren üppiger Garten direkt an unsere jetzige Bleibe anschließt, nimmt uns gerne in Ihrem Privathaus auf, denn genau das würde sie sich auch für ihre beiden Söhne wünschen, die in unserem Alter sind, wenn diese einmal kein Zimmer fänden. Das Zimmer, das wir nun beziehen ist, wunderhübsch und sauber. Teilen müssen wir es mit einem ausgesprochen großen Gecko, der aber eigentlich ganz umgänglich ist. Auf der schattigen Veranda stehen bequeme Schaukelstühle einladend bereit. Zur Begrüßung gibt es erst einmal einen kalten Kalamansi-Saft. Sie scheint sich etwas einsam zu fühlen und freut sich über uns als neue Gesprächspartner. Außerdem hat sie in einem weiteren leerstehenden Zimmer einen Backpacker aus Israel „from the holy land“ aufgenommen, der sich ebenfalls über diese schöne Unterkunft freut, für die wir kaum etwas bezahlen müssen. Die Zimmer sind in den Ferien normalerweise für ihre beiden in Deutschland lebenden Söhne reserviert, doch nun ist sie in dem großen luftigen Haus ganz alleine. Luftig deshalb, da es kein Dach gibt, bzw. schon ein Dach aber keine Zimmerdecken. Ich kann mich also problemlos mit Valentin unterhalten, der gerade im Nebenraum duscht, auch unsere Gastgeberin wechselt die Räume, während sie ununterbrochen erzählt.

Am Karfreitag sind alle Straßen noch leerer als sonst, die Straße gehört uns ganz allein und als wir die erste große Kirche passieren, wissen wir warum. Auf dem Weg ziehen einige als Jesus verkleidete Filipinos mit schweren Holzkreuzen auf dem Rücken an uns vorbei, die ununterbrochen mit Palmenzweigen ausgepeitscht werden. Dieser Anblick ist erschreckend, doch wie wir erfahren reicht die Frömmigkeit in Manila sogar noch weiter: Obwohl dies von der Regierung nicht gerne gesehen wird, lassen sich viele tatsächlich mit selbstgeschmiedeten spitzen Nägeln durch Hände und Füße ans Kreuz nageln.

Ostern auf den Philippinen

Ostern auf den Philippinen

Wir verlassen das grüne Paradies und radeln die ebene Küstenstraße zurück nach Benoni, wo wir die Fähre nach Bohol nehmen möchten. Not macht erfinderisch, also opfere ich ein paar Socken und schneide je fünf Löcher hinein. Diese Stulpen ziehe ich nun über die Hände, die in den letzten Tagen einfach zu viel Sonne abbekommen haben. So geschützt wird sich die verbrannte Haut hoffentlich schnell wieder erholen.
Kleinkinder sitzen am Straßenrand und rupfen blutige Kampfhähne. Hahnenkämpfe sind hier sehr beliebt. Man erkennt die Veranstaltungen an der großen Menschenansammlung direkt an der Straße. In einer Arena werden dann zwei Hähne aufeinander losgelassen und Wetten abgeschlossen. Der Verlierer wird verspeist, der Gewinner bis zum neuen Kampf mit reichlich Antibiotika aufgepeppelt. Ob es wirklich stimmt, dass die Hähne auch Rasierklingen an die Füße gebunden bekommen, kann ich nicht sagen, wir sind bisher immer an den grausamen Kämpfen vorbei gefahren, aber so lädiert, wie der tote Hahn aussah, kann es schon durchaus der Fall sein.
An den kleinen Bäckereiständen versorgen wir uns mit Kokosnussbrötchen. Als Kind war das Essen von Ameisen noch eine Mutprobe, hier finde ich pro Brötchen mindestens fünf eingebacken.
Wir schlendern mit unseren Rädern über den Markt, bis die Fähre losfährt und sind mit unseren Rädern natürlich wieder einmal die Hauptattraktion, alle starren und an, lachen dabei aber freundlich. Eine ältere Frau spricht mich an und fragt nach meiner Herkunft. Als ich es ihr sage, schenkt sie mir ihr schönstes, zahnloses Lächeln und sagt: „Aah, that’s why your nose is soo big!“

Neugierige Kinder am Straßenrand

Neugierige Kinder am Straßenrand

Es dauert nicht lange, bis sich die neugierigen Kinder um uns scharen. Langsam schleichen sie sich immer näher an uns heran, bis der Mutigste von gerade einmal drei oder vier Jahren schließlich den freien Platz neben mir erobert. Nach einer weiteren Minute traut er sich noch näher und sitzt fast auf meinem Schoß, dann berührt meinen Arm, vergleicht unsere Hautfarben, begutachtet meine Haare.

Fast hätte ich ihn mitgenommen!

Fast hätte ich ihn mitgenommen!

Wir reden die komplette Wartezeit miteinander, jeder in seiner Sprache. Ich blättere eine Zeitschrift mit ihm durch, immer wenn er etwas erkennt, freut er sich – und ich mich auch. Auf der nächsten Seite ist ein Huhn abgebildet, (Werbung für den Frauen-Fernsehsender SIXX) und er zeigt auf seinen Mund, die Geste, das Huhn zu essen – das war ja klar! Im Anschluss versuche ich mich an jegliche Kinder-Fingerspiele zu erinnern und dann dürfen alle noch einmal die Fahrradklingel läuten. So vergeht die Wartezeit auf die Fähre für uns alle wie im Flug.
Die Insel hat uns sehr gut gefallen, und ja, vielleicht kommen wir tatsächlich irgendwann noch einmal, wie der Name schon sagt, Camiguin, sprich: „Come again“.


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